VOM FILM AUF DIE LEINWAND, VOM TRIPTYCHON ZUR TAFELBILDMONTAGE – DIE ENTWICKLUNG EINER NEUEN KUNSTFORM

Mit diesem Projekt kehrt Klaus Armbruster, bisher vor allem als Film- und Medienkünstler bekannt, zu seinen künstlerischen Wurzeln zurück. 1942 in Tübingen geboren, in den 1960er Jahren als junger Maler erfolgreich, tauschte er 1970 in der Folge seiner Auseinandersetzung mit den Verbrechen der Nationalsozialisten und dem Vietnam-Krieg den Pinsel gegen die Filmkamera ein. Fortan nahm er als Filmemacher und Medienkünstler Stellung zur Welt. 1983 kam er ins Ruhrgebiet, als ihn die Universität Essen (heute Folkwang Universität der Künste) zum Professor für Film und audiovisuelle Kommunikation berief. Im Zuge seiner Emeritierung entschloss er sich 2006, die ihm verbleibende Lebensarbeitszeit seiner ursprünglichen Profession, der Malerei, zu widmen und sich in einer Form von Rückspiegelung nun als Maler aufs Neue mit den wichtigsten künstlerischen Projekten seiner mehr als 30-jährigen Film- und Medienarbeit zu befassen. Die Schlüsselbilder des von ihm in diesen Jahren geschaffenen, schier unerschöpflichen Film- und Videoeinzelbildfundus (25 Bilder je Sekunde) transformiert er jetzt im malerischen Prozess und bringt sie in der von ihm entwickelten Tafelbildmontage in einen neuen Kontext. Wie kein anderer zeitgenössischer Maler kann der 68-Jährige dabei seine Erfahrung aus der Film-Montage ausschöpfen. In seinen Filmen und multimedialen Bühnen-Installationen hat er Hunderttausende von Bildern und Szenen geschnitten und montiert und eine große Sensibilität entwickelt für das, was „zwischen den Bildern“ geschieht (Werner Nekes).

In Armbrusters Tafelbildmontage werden die von ihm selbst in die Welt gebrachten, vielschichtig gestalteten, immateriellen Film-/Video-Einzelbilder Pinselstrich um Pinselstrich in eine reale Tafelbild-Existenz überführt und inhaltlich wie formal noch weiter verdichtet. Gleichzeitig werden sie in der Montage aus dem linearen Fluss der Film-Zeit und der ausformulierten Film-Erzählung herausgelöst und in eine zeitunabhängige, fortwährende Gegenwart still gestellt. Die einzelnen Bildmotive folgen, ihrem Ursprung als Filmkameraeinstellungen entsprechend, der Bewegung der Handlung und drängen dabei im Unterschied zu fotografischen Abbildungen über den Bildausschnitt hinaus. In der Tafelbildmontage nehmen sie mit den danebenstehenden, aber auch mit darüber-, darunter- oder weiter entfernt montierten Bildern Kontakt auf. So entstehen formale und inhaltliche Bezüge und Verbindungen, die jeder Betrachter, seiner persönlichen Resonanz und Assoziation folgend, entdecken und darin eigene Erlebnisse und Erzählungen einweben kann.

Mehrteilige Bildmontagen spielten auch in Armbrusters multimedialen Bühnen-Installationen eine wesentliche Rolle, bei denen er mit Choreographen wie Pina Bausch, Bühnenregisseuren wie Ruth Berghaus und Hansgünther Heyme und Komponisten wie Wolfgang Hufschmidt, Nikolaus A. Huber und Gerhard Stäbler zusammenarbeitete. Mit Triptychen und Montagen von bis zu sieben Projektionsflächen bespielte er Opern-, Theater- und Festival-Bühnen. Dabei interessierte ihn die Bereicherung und Differenzierung, die durch das Aufgreifen musikalischer Kompositionsstrukturen für eine „polyphone Bildsprache“ der Bewegtbildmedien entsteht. Auch bei RUHRWERK stand ein Triptychon im Zentrum der Bühnen-Installation. Bildmontagen wurden schon in frühen Höhlenmalereien, in Altären, Wand- und Decken- gemälden und vielen anderen, auch zeitgenössischen Zusammenhängen entwickelt und tradiert. Das Triptychon nimmt in der christlichen Ikonografie eine bedeutende Stellung ein und steht seit jeher für eine besondere inhaltliche Aufladung. Bis heute hat es nichts von seiner Vitalität, seiner Wirkung des Erhabenen und der Erschütterung eingebüßt.

Trotz dieses komplexen theoretischen und konzeptionellen Hintergrundes kommt Armbrusters erstes Tafelbildmontage-Projekt sehr einfach und bescheiden aus dem Atelier. Dem Leben, Arbeiten, existenziellen und oft vergeblichen Kämpfen der Menschen im Ruhrgebiet gewidmet, in Anteil nehmender, fast demütiger Haltung Schicht um Schicht sehr sorgfältig gemalt und jedem, auch dem Laien, in seinem malerischen und erzählerischen Reichtum unmittelbar zugänglich.